Bembidion velox – Wiederfund für das Rheinland

Bembidion velox (LINNEAUS, 1761) – Wiederfund für das Rheinland

JONAS KÖHLER & WOLFRAM REMMERS
Das Mittelrheintal gehört aufgrund seiner interessanten Wärmestandorte, ähnlich wie Nahe-, Mosel- und Ahrtal, zu den gut untersuchten Naturräumen des Rheinlandes. Mit der Mosel gemeinsam hat es seine Funktion als Einwanderungsweg für neue Käferarten des Rheinlandes. Während die Weinbergslagen, Trockenrasen, Felsstandorte und xerotherme Waldstandorte in vielen Projekten und Exkursionen gut untersucht sind, gibt es vom Rheinufer vergleichsweise wenige Fundmeldungen. Am Rhein in der Umgebung von Koblenz konnten nun im Laufe eines "Lichtfangabends" (36°C Tageshöchsttemperatur) und an weiteren Terminen durch stichprobenartige Handaufsammlungen einige bemerkenswerte Käferfunde verzeichnet werden, darunter u.a. der Laufkäfer Bembidion velox:

Mittelrheintal: Rheininsel Niederwerth, Rheinufer (WGS84: 50.38546°, 7.61363°), J. KÖHLER leg., 30.VII.2016, 1 Ex. (det. & coll. J. KÖHLER) an einem sandigen Ufer.

Abb. 1: Bembidion velox (Foto: F. KÖHLER).

In Rheinland-Pfalz werden 89 % der Laufkäferarten der vegetationsarmen Ufer (49 von 55) in der Roten Liste des Bundeslandes geführt (SCHÜLE & PERSOHN 2000). Auch Bembidion velox (Abb. 1) zählt zu dieser Gruppe und kommt fast ausschließlich auf vegetationsarmen Sanduferabschnitten entlang großer Flüsse vor (BRÄUNICKE & TRAUTNER 1999). Aufgrund von flussbaulichen Maßnahmen und der damit einhergehenden Reduzierung der natürlichen Fließgewässerdynamik gilt der Laufkäfer in Deutschland als "stark gefährdet" (TRAUTNER et al. 1998). 

Auch in Rheinland-Pfalz, wo die Art nur aus dem südlichen Landesteil bekannt ist (F. KÖHLER 2016), gilt sie als sehr selten und wird in der Roten Liste der Laufkäfer für Rheinland-Pfalz als "vom Aussterben bedroht" eingestuft (SCHÜLE & PERSOHN 2000). In der gesamten Rheinprovinz liegen Funde nach 1950 nur aus Nordrhein vor (F. KÖHLER 2016). Aus dem südlichen Rheinland datiert der letzte und einzige Nachweise aus St. Goar (leg. BUCHKA) vom Juni 1930 (KOCH 1968).


Abb. 2: Ein vegetationsarmes sandiges Ufer des Rheins im südlichen Teil der Binneninsel Niederwerth 
als Fundort von Bembidion striatum, argenteolum und velox (Fotos: J. KÖHLER VII.2016).

Bei dem aktuellen Fundort handelt es sich – wie für die Art typisch – um ein vegetationsloses sandiges Flussufer (Abb. 2). Solche Stellen finden sich auf der Insel vermehrt im südlichen Bereich, sowohl an der Rheinseite als auch auf jener, die dem Rheinnebenarm zugewandt ist. Auf den Sandflächen traten die ebenfalls sehr seltenen Bembidion striatum (FABRICIUS, 1792) (ca. 50 Individuen, Rote Liste Rheinland-Pfalz: vom Aussterben bedroht) und Bembidion argenteolum AHRENS, 1812 (4 Ex., stark gefährdet) auf. Beide sind bereits aus der Umgebung von Koblenz bekannt (GEISSEN 2000). Im unterwuchsarmen feucht-sandigen Weiden-Auwald fand sich darüber hinaus mit Elaphrus aureus MÜLLER, 1821 eine weitere in Rheinland-Pfalz stark gefährdete Laufkäferart (SCHÜLE & PERSOHN 2000). 

Trotz einer bisher nur stichprobenartigen Handaufsammlung weist die beachtliche Anzahl dieser sehr seltenen psammophilen Laufkäfer am Rheinufer bei Niederwerth bereits zum jetzigen Zeitpunkt auf den hohen Wert dieses Lebensraums hin. Die Habitate auf Niederwerth, dessen Ufer und Auen nicht als Naturschutzgebiet ausgewiesen sind, und den weiteren Rheininseln bei Koblenz gilt es zu sichern, um die an diese Bedingungen angepasste Laufkäferzönose nicht zu gefährden. Fraglich ist ferner, ob sich der hohe Druck durch den Naherholungstourismus an den Niederwerther Sandstränden negativ auf die Laufkäferfauna auswirkt.

Mit weiteren Funden der flugfähigen Arten der Bembidion-Untergattungen Odontium LECONTE, 1848 und Bracteon BEDEL, 1879, ist auch andernorts im Mittelrheintal, vor allem auf unbewohnten Inseln wie dem Graswerth und dem Ehrenthaler Werth, zu rechnen.

Literatur
  • BRÄUNICKE, M. & TRAUTNER, J. (1999): Die Ahlenläufer-Arten der Bembidion-Untergattungen Bracteon und Odontium - Verbreitung, Bestandssituation, Habi-tate und Gefährdung charakteristischer Flussaue-Arten in Deutschland. - Ange-wandte Carabidologie Supplement 1: 79-94.
  • GEISSEN, H.-P. (2000): Streufunde von uferbewohnenden Laufkäfern der Roten Listen am Mittelrhein 1999 und 2000 (Col., Car.). - Mitteilungen der Arbeits-gemeinschaft Rheinischer Koleopterologen (Bonn) 10: 7-10.
  • KOCH, K. (1968): Käferfauna der Rheinprovinz. - Decheniana-Beihefte (Bonn) 13: I-VIII: 382 S.
  • KÖHLER, F. (2016): Teilverzeichnis Nordrhein, Rheinland, Pfalz, in BLEICH, O., GÜRLICH, S. & KÖHLER, F. (Hrsg.): Verzeichnis und Verbreitungsatlas der Käfer Deutschlands Online. - Online auf http://www.colkat.de/de/fhl, zuletzt abgeru-fen am 16.09.2016.
  • SCHÜLE, P. & PERSOHN, M. (2000): Rote Liste der in Rheinland Pfalz gefährdeten Laufkäfer (Coleoptera: Carabidae) (Stand: 01.01.1998). - Ministerium für Um-welt und Forsten und Verbraucherschutz Mainz: 28 S.
  • TRAUTNER, J., MÜLLER-MOTZFELD, G. & BRÄUNICKE, M. (1998): Rote Liste der Sandlaufkäfer und Laufkäfer (Coleoptera: Cicindelidae et Carabidae) (Bearbei-tungsstand: 1996), in: BINOT, M., BLESS, R., BOYE, P., GRUTTKE, H. & PRET-SCHER, P. (Bearb.): Rote Liste gefährdeter Tiere Deutschlands. - Schriftenreihe für Landschaftspflege und Naturschutz (Bonn-Bad Godesberg) 55: 168-230.

  • Zitat: KÖHLER J. & W. REMMERS (2016): Bemerkenswerte Neu- und Wiederfunde für die rheinische Käferfauna (Coleoptera) aus dem Neuwieder Becken. - Mitteilungen der Arbeitsgemeinschaft Rheinischer Koleopterologen (Bonn) 26, in Vorbereitung.